STV bucht «All inclusive»

  • 7. Mai 2025

  • Simon Keller

  • Simon Keller

Nicht nur sportlich, sondern auch strategisch stehen beim Schweizerischen Turnverband (STV) dieses Jahr die Zeichen auf Inklusion. Beim Eidgenössischen Turnfest in Lausanne sind im Kugelstossen und im Weitsprung erstmals inklusive Wettkämpfe im Angebot und auf der Geschäftsstelle in Aarau nahm Manuela Schär den Aufbau der Kompetenzstelle Inklusion in Angriff.

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Die Reaktion der Menschen war bei allen ähnlich, als Manuela Schär in ihrem Bekanntenkreis erzählte, dass sie Anfang Mai ihre Stelle beim Schweizerischen Turnverband (STV) antreten werde: Das ist doch die alte schöne Villa an der Bahnhofstrasse, oder? Aber, die ist doch nicht rollstuhlgängig. Nein, barrierefrei ist die alte Zurlindenvilla, die Geschäftsstelle des STV in Aarau, bei weitem nicht. «Mein Büro ist deshalb im Untergeschoss wo sich auch die Büros vom Direktor, Ethik und Recht, Finanzen und HR sowie der IT-Abteilung befinden», sagt Manuela Schär und ergänzt: «Dieses ist bequem über eine Betonrampe problemlos erreichbar.» Sie ist seit ihrem 9. Lebensjahr nach einem Unfall auf dem Spielplatz querschnittgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen.

«Dass ich nun als Direktbetroffene eine Kompetenzstelle für Inklusion beim STV aufbauen kann, ist wunderbar. Ich kann an etwas arbeiten, das mir selbst sehr am Herzen liegt», so Schär. Es sei aber für sie wichtig, dass es bei der Inklusion eben um weit mehr gehe als nur um Menschen im Rollstuhl. «Da über alle Arten von Behinderungen den Überblick zu erhalten, erachte ich als grosse Herausforderung für mich, sehe es aber gleichzeitig als spannendes Wirkungsfeld, wo ich etwas bewegen will und gerade in der Schweiz gibt es da noch viel zu bewegen.»

Aufbau einer Kompetenzstelle Inklusion

In erster Linie geht es beim Aufbau der Kompetenzstelle für Inklusion darum, konkrete Projekte in Angriff zu nehmen und zu überwachen, wie zum Beispiel die barrierefreie Webseite oder Kommunikation. Weiter ist es ein Ziel, betroffene Vereine in der Umsetzung zur Barrierefreiheit zu unterstützen und nicht zuletzt auch sich unter den verschiedenen Sportverbänden zu vernetzen, um ähnliche Herausforderungen gemeinsam meistern zu können.

Manuela Schär bei der Begrüssungs-Kaffeepause vor der Zurlindenvilla.
Ein reger Austausch ist zentral, um in der Inklusion vorwärts zu kommen.
Sind Menschen mit Behinderungen sichtbar, werden sie auch wahrgenommen.
Noch kann Manuela ihren Kaffee nicht selber holen.
Die Kompetenzstelle Inklusion ist nun lanciert.

Reger Austausch und offenes Ohr

«Dafür braucht es sicher einen regen Austausch zwischen Swiss Olympic, den verschiedenen Behindertensportorganisationen und aber auch ein offenes Ohr für die Anliegen der Vereine», so Manuela Schär. «Workshops und Schulungen sollen eine Grundlage geben, um die Inklusion in all ihren Facetten und auf allen Bereichen voranzutreiben, Inklusion sichtbar zu machen und am Ende dank Rückmeldungen auch auswerten zu können, was hat wirklich funktioniert und was eben noch nicht.»

Sichtbarkeit ist entscheidend

Für Manuela Schär ist von entscheidender Bedeutung, dass Behinderungen noch sichtbarer und damit wahrgenommen werden. «Die Welt ist immer noch auf Menschen ohne Behinderung ausgelegt. Für mich ist es, seit ich im Rollstuhl sitze, immer ein Zusatzaufwand zu schauen, ob das, was ich machen will, auch geht für mich.» Aktuell sei in Sachen Inklusion viel in Bewegung und das Thema relativ gut sichtbar, es brauche aber noch weitere Anstrengungen. «Es ist nicht gemacht damit, dass ein Gebäude barrierefrei gebaut wird. Inklusion ist viel mehr als nur das. Es gehört auch dazu, dass man bei einer Behinderung nicht nur von einer Schwäche spricht, sondern diese auch als Stärke wahrnimmt und das Positive sieht.»

Menschen mit Behinderung sind in erster Linie Menschen.
Manuela Schär Rollstuhlsportlerin

Menschen mit Behinderung wollen in erster Linie als Menschen wahrgenommen werden. «Das ist unter Sportlerinnen und Sportler sehr angenehm. Da ist man unkompliziert und geht aufeinander zu. Das mag ich», sagt die Spitzensportlerin und Rollstuhlleichtathletin. «Diese Unkompliziertheit habe ich auch beim STV beim Start so wahrgenommen», sagt sie beim Znüni bei etwas kalten Temperaturen draussen vor der Geschäftsstelle und wünscht sich, dass auch für sie der Zugang zum Pausenraum schon bald ebenso unkompliziert ist wie der Umgang untereinander.

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