Während die Schweizer Turner/-innen im 17,6 Kilometer westlich gelegenen Hallenstadion, beim 36. Swiss-Cup-Zürich, nicht bis am Schluss mitturnen wollten/durften, sah das in der Stadthalle Dietikon ganz anders aus: Da folgte das Beste, was das nationale Geräteturnen zu bieten hat, die Gerätefinals der Turner/-innen, am Schluss. – Aber schön der Reihe nach.
Mirjam Bregenzers Emotionen
Vor den Gerätefinals, stand am Sonntagmorgen die K6-Entscheidung an. Es war der Gerätevierkampf Boden, Schaukelring, Sprung und Reck, der die Turnerin von der Frauenriege Beromünster, Mirjam Bregenzer, mit einem Start-Ziel-Sieg zur Besten der 72 Startenden machte. Die Kantischülerin mit Jahrgang 2003, sie wird von Claudia Hüsler trainiert und will immer das können, was ihre Schwester Christelle auch schon kann, startete mit 9,60 Reck-Punkten optimal.
Bregenzer, amtierende K6-Frauschaftsmeisterin, vor einem Jahr belegte die Luzernerin in Luzern noch den fünften Rang, übernahm nach dem Reck die Führung und gab diese bis zum Schlussgerät Sprung (9,60) nicht mehr ab: K6-Titel 2018 und K7-Aufstieg im neuen, kommenden Getu-Jahr. Einzig Kaya Dimmler (BTV Luzern) konnte mit ihrer 9,40-Schaukelringleistung (Bregenzer 9,25) kurz einmal zur Spitze aufschliessen. Mit einem 9,60er-Sprung machte Bregenzer dann alles klar: Sieg. «Den heutigen Wettkampf wollte ich einfach verletzungsfrei geniessen, nachdem ich dieses Jahr schon Knie- und Ellbogenprobleme hatte. Zudem wollte ich besser klassiert sein als vor einem Jahr. Der ‹coole› Start gab mir extrem Schwung und Motivation. Jetzt bin ich einfach glücklich», so die noch-K6-Frau nach der Siegerinnen-Ehrung, bei der sie die Tränen nicht unterbinden konnte: «härzig».

Gerätefinal-Sonntag
Die Ausgangslage vor den Gerätefinals war, das ist immer so, offen. Eigentlich sind die Qualifizierten alles Favoritinnen und Favoriten, die sich via den Mehrkampf-SMs die Dietikon-Reise sicherten. Es sind eben die CH-Besten an den bestimmten Geräten. Dann gibt es noch die besonderen Talente, die sich an allen Geräten zu den Besten zählen dürfen. Fehler mag es in diesem Feld nicht leiden (Sturz von Schärer am Reck, s. unten, aus der Traum, aber beste Unterhaltung geboten). An jedem Gerät ist sofort ein anderer/eine andere zur Stelle, der/die gerne profitiert. Klar ist und war: Die Podest-Turner/-innen aus den K7-Mehrkämpfen (Biasca Tu/Dietikon Ti) wollten bei der Vergabe der Einzelgeräte-Medaillen mitreden – was am SM-Sonntag eben dann auch geschah.
Die mit rund 1500 Zuschauenden besetzte «Getu-Arena» bekam von den Finalisten insgesamt 61 Turnübungen (Boden, Ring, Sprung, Barren, Reck) vorgesetzt. Der K7-Meisterin Sandra Garibay (BTV Luzern) und dem K7-Meister Simon Stalder (STV Rickenbach) bot sich in Dietikon die Chance, ihre SM-Medaillensammlung 2018 noch etwas aufzupolieren. Sie taten es – beide.
Die Besten 2018 sind …
Die stärksten Schweizer Geräteturner/-innen 2018 an den Einzelgeräten heissen, Turner: Boden/Stefan Meier (TV Obfelden), Schaukelringe/Alexander Kurmann (BTV Luzern), Sprung/Simon Stalder (STV Rickenbach LU, Tageshöchstnote 10,0, zweiter Sprung), Barren/Christoph Schärer (TV Orpund) und Reck/Stéphane Détraz (FSG Morges). – Turnerinnen: Boden/Florence Von Ziegler (BTV Luzern), Schaukelringe/Nicole Strässle (BTV Luzern, Titelverteidigung), Sprung/Sandra Garibay (BTV Luzern, Titelverteidigung) und Reck/Annja Keiser (TSV Rotkreuz).

Medaillensatz Keiser, Flugschau Turner
Annja Keiser, die Mehrkampf-4. vom Samstag, war die (sympathische) Turnerin, die sich in den Gerätefinals einen ganze Medaillensatz (Gold, Silber, Bronze) erturnen konnte. Die zentralschweizer Verbandsdominanz aus dem Mehrkampf widerspiegelt sich teilweise auch in den Ergebnissen an den Einzelgeräten. Sechs der neun Goldmedaillen gingen in diese Region. Dies ist eine logische Folge. Das zentralschweizer Getu-Können verschwindet ja nicht einfach so über Nacht.
Taktieren in den Gerätefinals? Nein, das gab es nicht. Es wurde losgeturnt, was Bodenmatten, Barrenholme, Reckstangen und Ringe hergaben und das Zeug hielt. Die Turnenden durften ihre Begleitmusik wieder selber wählen – die Geschmäcker sind verschieden. Eine Steigerung in diesem Bereich war feststellbar. Dietikon wird als die Getu-SM in die Geschichte eingehen, wo die Turner im Gerätefinal, am Reck, Flugelement aus dem Hut zauberten. Christoph Schärer zeigte den Ginger-Salto mit Bauchlandung. Schärer wäre aber nicht der Schärer, wenn er es nicht ein zweites Mal versucht hätte: mit Erfolg. Der Griff an die Stange klappte. Grosser Applaus war dem Berner sicher und in der am Schluss präsentierten Filmzusammenfassung war sein Auftritt – ähm Sturz – sehr speziell.
Geflogen ist auch Simon Stalder, ebenfalls an der 2,55 Meter hohen Reckstange. Seine Katchev-Grätsche (Rückenflug über die Reckstange) fing er problemlos auf. Reck-Silber und viele Emotionen aus dem Publikum für Stalder. «Das ist genau das, was mir beim Turnen gefällt: Dem Publikum etwas bieten», so der Oberturner vom STV Rickenbach (LU).
Das war’s …
Mit der SM im Kanton Zürich schloss der attraktive Reigen der Schweizer Geräteturnmeisterschaften 2018, der Turner/-innen. Winterthur, Biasca und Dietikon waren die Stationen, wo sich an den jeweiligen Wochenenden Magnesiawolken bildeten und die stärksten nationalen Geräteturner/-innen zu sehen waren. – Der Winter 2018/19 kommt. Die Saisonplanung 2019, mit dem ETF in Aarau als Höhepunkt einer Getu-Karriere (nur Einzel), kann starten. Kategorienwechsel, neue Elemente, eventuell neue Ring- und Reckleder werden zu spannenden Themen für die neue Saison. Die grosse Geräteturnfamilie wird die problemlos schaffen.
Auch, weil der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr (Chef der Sicherheitsdirektion) beim Rangverlesen zu den Turnenden meinte: «Ihr und euer begeisterndes Publikum seid die Grössten und Besten.» Da gibt es nichts anzufügen, das war’s …
Text und Fotos: Peter Friedli
Weitere SM-Infos: www.stv-fsg.ch und/oder www.smgetu2018.ch sowie im GYMlive 6/2018.