Eine turnverrückte Familienbande

  • 11. April 2024

  • Thomas Ditzler

  • STV

  • Erschienen im GYMlive 1/2024

Spätestens mit dem EM-Titel von Daniel Giubellini im Jahr 1990 stand der Name Giubellini vor rund 30 Jahren fürs Kunstturnen und für Erfolg. Mittlerweile sorgt die nächste Generation für turnerische Höchstleistungen und dies gleich im Dreierpack. Ein Einblick in das Familienleben der Turnfamilie Giubellini.

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Die Giubellinis

Die Eltern Sabine und Daniel Giubellini (beide 54) waren einst selbst begeisterte Kunstturner. Daniel gehörte zum Nationalkader und wurde 1990 in Lausanne Europameister am Barren. Sabine wechselte später vom Kunstturnen ins Vereinsgeräteturnen. Zudem war sie auch Präsidentin von Kutu Obersiggenthal. Daniel ist heute Präsident von KuGeTu Kleindöttingen und seit Anfang Jahr Ressortchef Kunstturnen beim STV. Ihre Kinder Chiara, Luca und Matteo gehören dem Kunstturn-Nationalkader an. Bis vor drei Jahren war auch Elio Kunstturner, wechselte dann zum Unihockey. Die Familie wohnt im aargauischen Kirchdorf und hat eine Familien-WG in Biel.

«Bei uns dreht sich zwar vieles ums Turnen, aber wir können am Esstisch durchaus auch über andere Themen diskutieren», sagt Luca Giubellini. Luca ist der älteste der vier Kinder von Sabine und Daniel Giubellini. Vater Daniel machte sich vor allem durch seinen EM-Titel am Barren im Jahr 1990 in Lausanne in der Kunstturn-Szene einen Namen. 34 Jahre nach seinem Erfolg steht die nächste Giubellini-Generation in den Startlöchern und dies gleich in dreifacher Ausführung.

Nachdem Chiara (17) im Jahr 2021 ins Kunstturn-Nationalkader aufgenommen wurde, folgte 2022 Luca (20) und ein Jahr danach Matteo (19). Bis vor drei Jahren gehörte das Kunstturnen auch bei Elio (14), dem jüngsten der Giubellini-Geschwister, zum Alltag. Während er sich mittlerweile einer anderen Sportart widmet, gehören die anderen drei Giubellinis zur nationalen Kunstturn-Elite und trainieren in Magglingen.

Wir haben auch andere Themen als das Kunstturnen.
Luca Giubellini

Durch den Bruder zum Kunstturnen

Dass sowohl Sabine als auch Daniel als Eltern einst turnten, habe sicher einen Einfluss auf ihre Karrieren gehabt. «Die Liebe zum Kunstturnen war von Anfang an da. Wenn du als Vierjähriger sehr aktiv bist und dich gerne bewegst, ist es naheliegend, dass der Weg in ein Kunstturn-Probetraining führt», sagt Luca, der nach diesem ersten Training beim STV Eien-Kleindöttingen die Freude daran gefunden hat. Im Laufe der Jahre steckte er auch seine jüngeren Geschwister damit an. «Ich habe das Kunstturnen damals bei Luca und Matteo gesehen und fand es eine tolle Sportart», ergänzt Chiara und Matteo fügt hinzu: «Meine Mutter nahm mich mit, wenn sie Luca ins Training brachte und so fand ich ebenfalls Gefallen daran.»

Dass zwischenzeitlich alle vier Kinder im Kunstturnen aktiv waren, habe sich einfach so ergeben, erzählt Vater Daniel. «Natürlich ist es schön, ihnen beim Kunstturnen zuzuschauen. Als Eltern hätten wir uns aber gerade so darüber gefreut, hätten sie sich für eine andere Sportart entschieden», sagt er und ergänzt, «wir unterstützen alle vier Kinder bestmöglich auf ihrem Weg.»

Vater-Tochter-WG in Biel

Eine grosse Umstellung im Familienleben der Giubellinis bedeutete 2021 die Berufung von Chiara ins Nationalkader nach Magglingen. Einen Wechsel von Chiara, die damals 14-jährig war, in eine Gastfamilie fanden die Eltern zu jenem Zeitpunkt wenig geeignet. Der Zufall wollte es, dass mit der Corona-Pandemie Daniel von seinem Arbeitgeber die Möglichkeit erhielt, mehrheitlich im Homeoffice zu arbeiten. So machte sich die Familie auf die Suche nach einer geeigneten Wohnung in Biel.

Während Mutter Sabine mit den Jungs im aargauischen Kirchdorf blieb, lebten Vater Daniel mit Chiara fortan unter der Woche im Seeland. «Natürlich war dies nicht die Wunschkonstellation für uns als Ehepaar», sagt Daniel. «Für uns beide war aber klar, dass dies die beste Lösung und ein zeitlich begrenztes Projekt ist», so der Vater. Chiara ergänzt: «Ich war jung, als ich nach Magglingen kam. Da war ich froh über den Rückhalt meiner Eltern, beziehungsweise, darüber, dass mein Vater auch hier war.» Mittlerweile hat sich die Familie damit arrangiert, zumal 2022 mit dem Wechsel von Luca ins Nationalkader der zweite Giubellini-Spross ebenfalls in die Familien-WG zog.

In diesem Sommer soll dann der nächste Wechsel erfolgen. Wenn mit Matteo der dritte Giubellini in die Wohngemeinschaft wechselt, kehrt im Gegenzug Vater Daniel zurück ins familiäre Hauptdomizil im Aargau. «Die WG-Situation war sicher eine Umstellung. Mittlerweile ist es für uns aber zum Alltag geworden», sagt Chiara. Auch wenn sie glücklich sei, freue sie sich ebenso auf die Wochenenden, wenn sich die ganze Familie in Kirchdorf trifft. Die Familienzeit beschränkt sich bei Giubellinis somit automatisch auf die Wochenenden. «Auch wenn wir zwischen Biel und Kirchdorf pendeln, ist für uns alle klar, dass unser Familienmittelpunkt im Aargau liegt», betont Matteo.

Die WG-Situation ist für uns Alltag geworden.
Chiara Giubellini

Vergleiche stören nicht mehr

Die Tatsache, dass nun drei von vier Kinder dem Kunstturn-Kader angehören und auch jene drei bald volljährig sind, biete auch eine Entspannung für sie als Eltern, sagt Daniel. Fahrdienste ins Training oder Organisation von Terminen sei nun in ihren eigenen Händen. «Das gibt für uns als Eltern wieder Freiräume», erklärt Daniel. Ressourcen, die er nun unter anderem als ehrenamtlicher Ressortchef Kunstturnen beim Schweizerischen Turnverband nutzen möchte.

Dass mit Chiara, Luca und Matteo gleich drei Kinder den einstigen Weg des Vaters einschlagen, sei nie ein grosses Thema gewesen, erzählt Daniel. Die Kinder haben sich mittlerweile auch damit abgefunden, dass ab und an der Vergleich mit dem Vater gemacht werde. Er, der 1990 Europameister am Barren und im selben Jahr zum Schweizer Sportler des Jahres gewählt wurde. «Früher waren die Vergleiche für mich schwieriger, weil ich mir dann selbst Druck gemacht habe. Mittlerweile werden aber eher Luca und ich miteinander verglichen», erzählt Matteo. Er habe aber gelernt damit umzugehen. Und Luca meint: «Für uns ist es ja auch toll, dass der eigene Vater solche Erfolge feiern konnte.»

EM und Olympia als Ziel

Erfolge, welche die drei Kunstturn-Giubellinis möglichst auch einst selber in ihrer Karriere verbuchen möchten. Internationale Wettkampf-Luft konnten bereits alle drei schnuppern. Während Chiara 2022 in München erstmals an einer EM turnte, stand Matteo an selber Stätte an der Junioren-EM im Einsatz und belegte dabei sowohl mit der Mannschaft als auch im Mehrkampf den vierten Platz. Zudem wurde er Fünfter am Reck. Luca gehörte im vergangenen Jahr dem Kunstturn-Team an, das an der WM in Antwerpen mit Rang sieben das Olympia-Ticket gelöst hat. Während Matteo und Luca sich eine mögliche EM- und Olympia-Teilnahme als nächstes Ziel gesetzt haben, liegen Chiaras Ambitionen bei ihrer Genesung: «Nach meiner Schulter-Verletzung, liegt mein Fokus darin, wieder auf das Niveau vor der Verletzung zu kommen und danach weitere internationale Erfahrungen zu sammeln.»

Ein entscheidender Weg zu ihrem Ziel wird für alle drei auch die diesjährigen Schweizer Meisterschaften im Juni in Biel darstellen. Dort werden mit Chiara, Luca und Matteo nicht nur die drei turnenden Familienmitglieder im Fokus stehen. Mit Mutter Sabine als Speakerin, Bruder Elio als DJ und Vater Daniel als Ressortchef wird abermals die ganze kunstturnbegeisterte Familie im Einsatz sein. Auch wenn sich bei Giubellinis nicht immer alles ums Turnen dreht, so geht es bei allen sechs Familienmitgliedern doch irgendwie nicht ohne die Faszination zu dieser Sportart.

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