Aus der Turnhalle auf die Showbühne

  • 12. Januar 2024

  • Thomas Ditzler

  • zvg

  • Erschienen im GYMlive 5/2023

Ob als Wilhelm Tell, als traditionelle Appenzeller oder in luftiger Höhe. Turn-Showgruppen begeistern mit Leidenschaft, turnerischem Können und oft mit einer Prise Witz. Was alles dahinter steckt? Wir gewähren Einblick.

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Von spektakulären Turn-Elementen bis hin zu humoristischen Sketch-Nummern. Gerade im Herbst, in der Turnunterhaltungs-Saison, wissen Turnvereine das Publikum mit ihren kreativen Qualitäten zu unterhalten – fernab von Wertungstabellen und Noten. Was zeitweise aus einer simplen Idee entstanden ist, entwickelte sich mancherorts in ein langfristiges Turnprojekt. Sogenannte Showgruppen sind in der Schweizer Turnlandschaft in zahlreichen Regionen zu finden und äusserst beliebt für Rahmenprogramme oder grössere Auftritte.

Die Gruppierung bestechen dabei mit eigener Charakteristik, wie die ausgewählten Beispiele stellvertretend zeigen. So auch die «Herianos» aus Herisau. Die sechs Turner des TV Herisau und TV Waldstatt zeigen ihr Akrobatikprogramm bereits in der sechsten Generation. Mit ihrer beinahe 100-jährigen Geschichte zählen die Appenzeller wohl zu einer der ältesten Turn-Showgruppen der Schweiz. Mit ihrer Akrobatik und den Pyramiden sind sie schon in der ganzen Deutschschweiz aufgetreten. «Das Zusammenspiel zwischen den turnerischen und humoristischen Elementen kommt beim Publikum sehr gut an», weiss Stefan Büchel, seit 2017 selbst «Herianos»-Mitglied.

Mit der Technik zum Erfolg

Gerade ihr Programm in der Appenzeller Tracht stosse bei den Zuschauern stets auf grossen Anklang. Neben ihrer langen Erfolgsgeschichte zeichnet die «Herianos» auch aus, dass sie alle keinen kunstturnerischen Hintergrund haben. «Wir sind nicht überragende Turner. Wir sind viel mehr der Beweis dafür, dass mit viel Training und der nötigen Technik vieles auch erlernt werden kann», sagt Büchel und ergänzt: «Natürlich ist eine gewisse Grundfitness für unsere Elemente von Vorteil.»

Anders sieht es bei den «Flying Gym Boys» aus dem Aargau aus. Die insgesamt elf Barrenturner sind alle ehemalige Kunstturner, die mit dieser Showgruppe ihre Kameradschaft weiterpflegen. Die Gruppe entstand vor rund 30 Jahren und nimmt nun nach der Pandemie und einigen personellen Wechseln wieder Fahrt auf. Im Team turnen unter anderem auch ehemalige Kaderathleten wie Severin Rohrer oder Reck-Europameister Oliver Hegi. «Natürlich zeichnet sich unser Barrenteam durch die kunstturnerische Qualität aus. Für uns steht mit diesem Projekt aber vielmehr die Freude am Turnen im Zentrum», sagt Rohrer, der auch Präsident der «Flying Gym Boys» ist.

Die Freude am Turnen steht im Zentrum.
Severin Rohrer Flying Gym Boys

«Wollen Geschichte fortsetzen»

Haben die ehemaligen Kunstturner während ihrer Karriere nach Höchstnoten gestrebt, sei es nun ihr Ziel als Showgruppe dem Publikum eine Geschichte aus Komik, Show und Turnen zu erzählen, wie zurzeit mit der Wilhelm-Tell-Sage. Seit ihrer Neulancierung haben die Aargauer zwei Auftritte absolviert. Weitere folgen im kommenden Jahr. «Für uns ist es schon ein Highlight, dass wir die Geschichte der «Flying Gym Boys» weiterführen dürfen und so die Freundschaften, die durchs Turnen entstanden sind, am Leben halten können», sagt Severin Rohrer.

Das Showgruppen auch in überkantonaler Zusammensetzung funktionieren können, zeigt das Beispiel von «Swissrings8». Die Schaukelring-Gruppe entstand aus einem Projekt für die Welt-Gymnaestrada 2011 in Lausanne. Den Ursprung in der Region Zürich, stammen die zurzeit 37 Turnerinnen und Turner mittlerweile aus bis zu neun Kantonen und aus 25 verschiedenen Vereinen. «Wir wollten damals etwas Neues ausprobieren und das Ringturnen in einem neuen Format präsentieren», erinnert sich Dominik Berger an die Anfänge zurück. Nach einigen Weiterentwicklungen sorgen die Mitglieder mittlerweile an einem achteckigen Ringgerüst für atemberaubende Choreografien – so zuletzt auch am Schweizer Abend an der Welt-Gymnaestrada im vergangenen Sommer in Amsterdam (NED).

Die Freude des Publikums ist den Aufwand wert.
Stefan Büchel Herianos

Herzblut ist Schlüssel des Erfolgs

Während die «Herianos» für ihre Auftritte nur wenig Material oder die «Flying Gym Boys» in erster Linie vor allem einen Barren benötigen, ist der Auftritt von «Swissrings8» mit einer grossen Materialschlacht verbunden, erklärt Berger: «Unser Ringgerüst ist für uns Fluch und Segen.» Rund 7,5 Tonnen Material benötigt es, damit die Show dem Publikum präsentiert werden kann. «Das hatte zur Folge, dass wir schon einigen tollen Anfragen leider eine Absage erteilen mussten», so Berger, der in der Gruppe unter anderem für die Finanzen und das Sponsoring zuständig ist. Um selber Teil von «Swissrings8» zu werden seien einige turnerische Voraussetzungen Pflicht, erklärt Berger: «Für die Planung und die Abstimmung des Programms sind wir auf Turnende angewiesen, die eine gewisse Qualität mitbringen und Elemente bereits beherrschen.»

Als Erfolgsrezept des «Swissrings8»-Projekt spricht Dominik Berger das Herzblut an, welches in der Gruppe zu finden ist. Ein Kriterium, welches ebenso auf die anderen Showgruppen wie «Herianos» und «Flying Gym Boys» zutrifft. «Es wäre bedauerlich, wenn die Tradition unserer Gruppe nicht weitergeführt werden würde», ergänzt beispielsweise Severin Rohrer von den «Flying Gym Boys» und «Herianos»-Turner Stefan Büchel meint: «Wenn du an einen Auftritt gehst und das Publikum an deinem Programm Freude hat, ist es den Aufwand wert und für uns eine grosse Erfüllung.» Auch wenn die Charakteristik unterschiedlich ist, so haben die Showgruppen etwas gleich – die Freude am Turnen und die Pflege der Kameradschaft.

Mehr Infos zu den Showgruppen

Neben den im Beitrag erwähnten gibt es noch einige weitere turnerische Showgruppen in der Schweiz.

Platin Partner

Gold Partner

Silber Partner

Bronze Partner

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