Der Artikel auf Seite 6/7 im GYMlive 4/25 hat bei mehreren Personen Irritationen ausgelöst. Verschiedene fühlten sich durch den ursprünglichen Text verletzt oder nicht respektvoll dargestellt. Dafür entschuldigen wir uns aufrichtig. Es tut uns leid, dass die gewählten Formulierungen diesen Eindruck erweckt haben.
Ziel des Artikels war es, im Rahmen eines Rückblicks auf das ETF die Vielfalt der Schweizer Turnwelt darzustellen und mit einem humoristisch-satirischen Blick bekannte Klischees zwischen den Sprachregionen aufzugreifen. Wir haben dabei nicht erkannt, dass der Beitrag auch völlig anders wahrgenommen werden kann und sich Menschen dadurch verletzt fühlen könnten. Die Rückmeldungen zeigen jedoch, dass die beabsichtigte unterhaltsame Wirkung verfehlt wurde.
Diese Erfahrung nehmen wir sehr ernst. Künftig werden wir Inhalte dieser Art noch sorgfältiger prüfen und breiter abstützen, um solche Situationen zu vermeiden.
Die Deutschschweizer punkten mit ihrer Präzision und der Genauigkeit. Sind der Inbegriff des Schweizer Uhrwerks. Das Uhrwerk läuft und läuft. Sehr genau und ohne Abweichung und irgendeinmal wird es – genau: langweilig. Ganz anders die Romands. Laisser-faire und savoir-vivre sind Trumpf. Verrückte Ideen werden umgesetzt, die vor allem spektakulär daherkommen und alles sind, aber sicher nicht langweilig. Und wenn einmal ein Salto daneben geht oder der Stand nicht so sauber ist, ist das nicht so schlimm – Hauptsache die Zuschauenden haben Freude. Die Tessiner verschreiben sich ganz der italienischen Eleganz. Die Kleidung, das Aussehen und die Bräune der Tessiner Sonne sind die grossen Trümpfe unserer Südländer. Die Mischung aus Lebendigkeit und Originalität sind für die Schweizer Turnwelt der Pfeffer in der bunten Suppe. Das Temperament und ihre Energie sind ansteckend und zaubern jedem ein Lächeln auf die Lippen.
Diese zu saloppe Unterteilung ist zu einfach – auch wenn in jedem Klischee auch immer ein wenig Wahrheit drinsteckt. Wer sich in Turnkreisen bewegt oder schon einmal ein Turnfest, die Gymotion oder den Schweizer Abend der Gymnaestrada besucht hat, kann diese Beobachtung bestätigen.
Für einige dieser genannten Klischees gibt es aber auch eine Erklärung, zeigt eine Nachfrage beim Sporthistoriker Gil Mayencourt. Warum sich zum Beispiel die Romands nicht gerne in ein Schema pressen lassen, der freien Interpretation von Leitplanken und Vorgaben frönen, hat auch einen geschichtlichen Hintergrund und lässt sich sogar gesellschaftspolitisch erklären. «Die Welschschweiz ist allgemein und sicher seit 19. Jahrhundert gedanklich und ideologisch Frankreich-orientiert. «Libérté, Égalité, Fraternité» ist das Motto und der militärisch-kriegerische Drill obliegt ihnen weniger.»
Das widerspiegelt auch den erst späten Eintritt in den gesamtschweizerischen Turnverband STV: «Zentralisiert regiert und von Vorgaben gelenkt zu werden passt ihnen nicht. Dazu kommt, dass sie sich immer in der Minderheit fühlen.» Nicht umsonst hat sich die Romandie in einem eigenen Verband, der Association Gymnastique de la Romandie, zusammengeschlossen. «In der Deutschschweiz gibt es und braucht es das nicht», so Mayencourt.
Umgekehrt sind die – kriegsgeschichtlich gesprochenen – deutsch-preussisch geprägten Deutschschweizer Turnerinnen und Turner dem militärischen Drill näher und davon eher angetan. Dies zeigt sich dann eben auch in den turnerischen Darbietungen: präzise, sicher, genau. Aber auch damit lassen sich Punkte holen.






