«Eine Gymnaestrada ist ein Erlebnis»

  • 30. Juli 2021

  • Thomas Ditzler

  • Thomas Ditzler

  • Diesen Beitrag findet ihr auch im GYMlive 3/2021.

In zwei Jahren findet in Amsterdam die nächste Welt-Gymnaestrada statt. Auch wenn die Vorbereitung wegen der Pandemie anders abläuft als gewohnt, sind alle motiviert bei der Sache. Delegationsleiter Reto Hiestand spricht im Interview über den Stand der Dinge.

Zur Person

Reto Hiestand

Reto Hiestand (49) ist seit der Gymnaestrada Helsinki 2015 Leiter der Schweizer Delegation. In Amsterdam wird der Reichenburger zum dritten und letzten Mal in dieser Funktion walten. Seine erste Gymnaestrada erlebte Hiestand 1995 in Berlin. Seither war er an jeder Gymnaestrada dabei. Hiestand ist Ehrenmitglied beim Turnverein Wollerau-Bäch und Aktivmitglied im Turnverein Reichenburg (Ü35). Reto Hiestand ist Geschäftsführer der GESKA AG in Glarus.

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Reto Hiestand, wie gut sind deine niederländischen Sprachkenntnisse?

Reto Hiestand: Da ich geschäftlich früher in den Niederlanden unterwegs gewesen bin, kann ich ‹Goede dag› oder ‹dank je veel› sagen. Ansonsten ist schon bald fertig. Fluchwörter wüsste ich vielleicht auch noch einige (lacht).
 

Die Frage kommt nicht von ungefähr. Wir befinden uns in der Hälfte zwischen Dornbirn 2019 und Amsterdam 2023. Wie präsent ist die nächste Gymnaestrada bei dir?

Sehr präsent. Die Gymnaestrada ist voll im Fokus. Vor allem die Vorarbeit mit Reglementen schreiben, Website aufgleisen und für den Anlass zu werben, ist sehr intensiv. Gegen Ende Jahr wird es dann zwischenzeitlich etwas ruhiger, ehe es 2022 wieder sehr intensiv wird.
 

Wo steht ihr derzeit mit den Planungsarbeiten bei der Schweizer Delegation?

Coronabedingt verlief die Interessensmeldung nicht so, wie wir es gewohnt waren. Mit Corona liegen spezielle Monate hinter uns. Das Treffen in den Vereinen war nicht möglich. Daher war der Austausch unter den Turnenden etwas schwieriger, um sich gegenseitig für die Gymnaestrada zu motivieren. Die Hardcore-Gymnaestrada-Turnenden haben sich schon früh angemeldet und die restlichen in einem phänomenalen Schlussspurt. Amsterdam 2023 wird als Austragungsort sehr interessant.
 

Erkläre doch in wenigen Sätzen, was die Gymnaestrada für dich als Anlass einzigartig macht.

Das Einzigartige ist das Zusammenkommen von derart vielen Nationen. Man trifft sich an einer Gymnaestrada friedlich, fröhlich und dies meist ausserhalb der Schweiz. Das gemeinsame Erarbeiten einer Vorführung schweisst die Gruppen auch über die Gymnaestrada hinaus zusammen. Die Wertschätzung, welche die Turnenden nach ihrer Aufführung durch den Applaus erhalten, ist einzigartig. Rund um eine Gymnaestrada lernt man viele Leute kennen. So bestehen bei mir noch heute Freundschaften mit Turnenden, die ich an meiner ersten Gymnaestrada 1995 in Berlin kennengelernt habe.

In Amsterdam wirst du zum dritten Mal die Schweizer Delegation anführen. Was ist der Reiz an dieser Aufgabe?

Der Gymnaestrada-Virus hat mich 1995 in Berlin gepackt. Es war durch all meine Gymnaestrada-Aufgaben in all den Jahren immer wieder eine neue Herausforderung. Eine Gymnaestrada macht einfach Spass. Man lernt viele Leute und Nationen kennen und erlebt dadurch so viel Positives.
 

Seit Dornbirn 2019 hat sich mit der Corona-Pandemie vieles verändert. Inwiefern erschwert das die Vorbereitungen für Amsterdam 2023?

Die Vorbereitungen hat es überhaupt nicht erschwert. Wir sind mit den Planungen auf Kurs. Dank Online-Sitzungen konnten wir uns trotz der Pandemie gut austauschen. Wir liessen uns durch Corona nicht ausbremsen. Die Schwierigkeit war, dass wegen den fehlenden Trainingsmöglichkeiten der Austausch unter den Turnenden gefehlt hat. Mit den Lockerungen bin ich aber überzeugt, dass auch in den Trainings wieder vermehrt über die Gymnaestrada gesprochen wird.
 

Kann die Welt-Gymnaestrada 2023 wegen Corona wie gewohnt stattfinden oder gibt es bereits Überlegungen, das Format anzupassen?

Diesbezüglich haben wir vonseiten des lokalen OKs bislang nichts gehört. Wie sich die Lage in den kommenden Monaten weiterentwickeln wird, ist schwierig vorherzusagen. Es wäre fast ein Lesen in der Glaskugel. Ich glaube aber, dass mit den Impfungen und den Lockerungen ein grosser Schritt Richtung Normalität gemacht wird und dass ein solcher Anlass wie die Gymnaestrada im Jahr 2023 im gewohnten Rahmen möglich sein wird.

Wir liessen uns in der Vorbereitung von Corona nicht ausbremsen.
Reto Hiestand

Mitte Juni ist die Meldefrist für die Interessensmeldung abgelaufen. Wie zufrieden seid ihr mit den Rückmeldungen aus der Turn-Schweiz?

Nach Dornbirn mit 3000 und Helsinki mit 4000 Teilnehmenden haben wir kurz nach der letzten Gymnaestrada mit einer Zahl von gegen 4000 Schweizerinnen und Schweizern geplant. Damals war die Pandemie noch kein Thema. Ich bin optimistisch, dass unsere Delegation wieder ähnlich gross sein wird. Eine Delegationsgrösse wie in Dornbirn 2019 oder Helsinki 2015 wäre für uns schön. Ich glaube fest daran, dass dies realistisch ist. Zumal wir zurzeit auch sehr offen sind für Nachmeldungen. Schliesslich befinden wir uns in einer Ausnahmezeit, in der man auch Ausnahmen machen darf. Unser Ziel ist es nicht die grösste Delegation zu stellen, sondern mit vielen motivierten Turnenden nach Amsterdam zu reisen und mit qualitativ hochstehenden Nummern die Schweiz standesgemäss vertreten zu können.
 

Welche Voraussetzungen benötigt jemand, um Teil der Gymnaestrada-Familie zu werden?

In erster Linie müssen die Turnenden Mitglied im Schweizerischen Turnverband sein. Generell haben wir die gesamte Bandbreite an Leuten dabei, von 6 bis 90 Jahren. Man muss Freude am Sport und am Turnen haben und gewillt sein, in der Gruppe im Vorfeld eine Vorführung zu erarbeiten. Solang jemand sportlich und beweglich ist sowie mit Freude teilnimmt, spielt das Alter und Geschlecht überhaupt keine Rolle. Man muss einfach die passende Gruppe finden, bei der man mitwirken kann und will.
 

Warum sollte ein Turnender mindestens einmal an einer Gymnaestrada dabei sein?

Hier kommt mir eine Begegnung mit einem älteren Herrn in den Sinn. Dieser hatte als Übernachtungsort die Massenunterkunft im Schulhaus gewählt. Ich habe ihn dann gefragt, wieso er in seinem fortgeschrittenen Alter nicht die Übernachtung im Hotel bevorzuge. Er erwiderte mir, ob ich eigentlich spinne. Dort wäre doch gar nichts los. Diese Anekdote zeigt, dass zwar das Turnen im Zentrum der Gymnaestrada steht, aber auch das ganze Drumherum zählt. Der Zusammenhalt und die Freude untereinander zu geniessen und im Team turnerische Höchstleistungen zu erarbeiten, ist aus meiner Sicht der Motivator, um an einer Gymnaestrada teilzunehmen. Wer diese Freude einmal erlebt hat, denn lässt es kaum mehr los.
 

Was sind die nächsten Aufgaben und Herausforderungen?

Nachdem die Interessensmeldungen bei uns eingegangen sind, wird es im September eine Informationskonferenz mit allen interessierten Gruppenverantwortlichen geben. Dort werden wir die ersten Details zur Gymnaestrada 2023 präsentieren. Einerseits geht es darum die Gruppen zu informieren, aber auch für eine definitive Teilnahme zu motivieren. Ende Jahr wird dann die definitive Anmeldung erfolgen. Sobald wir die genauen Teilnahmezahlenwissen, wird es dann auch punkto Bekleidungen konkreter. Die Frage, wie die Delegation nach Amsterdam reisen wird sowie die Unterkunftsmöglichkeiten, gilt es in weiteren Schritten zu klären. Die grösste Herausforderung wird sicherlich sein, die Leute für eine definitive Teilnahme zu motivieren.

Gymnaestrada in Zahlen

  • 18’000 Teilnehmende in Dornbirn 2019
  • 3800 Turnende aus der Schweiz für 2023 geplant
  • 67 Nationen 2019 dabei
  • 17. Gymnaestrada-Ausgabe im Jahr 2023
  • Austragungen in der Schweiz
    (1969 Basel; 1982 Zürich; 2011 Lausanne)
  • 70 Personen in der GK- und EGK-Delegation der Schweiz
  • 280 Leiterinnen und Leiter der diversen Schweizer Gruppen

Wie bereitest du dich persönlich auf eine Gymnaestrada und deren Gegebenheiten vor?

Mein Motto lautet immer: Nach der Gymnaestrada ist vor der Gymnaestrada. In Dornbirn war ich bereits bestrebt, die Mitglieder der Gymnaestrada-Kommission und der erweiterten Gymnaestrada-Kommission für Amsterdam wieder zu motivieren. Danach ging es im ersten Halbjahr nach Dornbirn darum, dass wir die Fachgruppen aufbauen konnten. Sobald diese Posten definiert sind, kann es richtig los gehen. Durch meine frühere Arbeit war ich schon häufiger in Amsterdam unterwegs. Ich kenne bereits einige Lokalitäten, was die Gymnaestrada-Arbeit erleichtert. Zudem wurde ich im Vorjahr beim Niederländischen Turnverband vorstellig. In Dornbirn haben wir ihre Delegation zu einem Rundgang bei uns eingeladen, um ihnen einen Einblick zu gewähren.
 

Worauf freust du dich persönlich am meisten?

Ich freue mich auf vieles. Die Vorbereitung mit der Gymnaestrada-Kommission ist eine ebenso tolle Zeit als auch das Erleben der vielen Premieren. Ich freue mich aber auch auf zahlreiche Gesichter und auf Amsterdam an sich. Ein grosses Anliegen ist es, dass wir alle Turnenden gut dorthin bringen – aber auch wieder gesund in die Schweiz zurück. Ganz bestimmt freue ich mich auch auf das letzte Bier als Delegationsleiter in Amsterdam. Und dass wir rückblickend sagen können: Doch, wir haben wieder alles super gemacht!

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