Die Schweizer Turnerinnen mussten bis zur letzten Turnerin zitterten. Vor dem Beginn der letzten Abteilung war das Schweizer Team mit Ariella Kaeslin, Giulia Steingruber, Jessica Diacci, Linda Stämpfli und Jennifer Senn auf dem sechsten Rang. Gefährlich werden konnten ihnen noch die Italienerinnen, die Holländerinnen und die Deutschen. Das deutsche Team musste am letzten Gerät, dem Schwebebalken drei Stürze in Kauf nehmen, so dass die Schweiz sich um 0,725 Punkte den achten Rang und somit die Qualifikation für den Teamfinal sicherte. „Ich war noch nie so nervös wie jetzt, das ist ja schlimmer als selber zu turnen“ die erleichterte Giulia Steingruber.
Adrenalin-Bad
Die Schweizerinnen zeigten in der zweiten von vier Abteilungen einen Top-Wettkampf. Elf Übungen gelangen fehlerfrei. Doch bei der allerletzten Übung hielten die Nerven von Linda Stämpfli nicht. Nach dem Flugelement Gienger greift sie ins Leere und beim Doppelsalto gebückt landet sie auf alle Vieren. Im Teamwettkampf der Frauen gibt es im Gegensatz zu den Juniorinnen kein Streichresultat. Linda Stämpfli ist am Boden zerstört, das ganze Team schliesst sie in die Arme, um sie zu trösten. „Wir sind ein Team, niemand nimmt ihr das übel, so ist Sport!“ Ariella Kaeslin nach dem Wettkampf. Als klar ist, dass die Schweizerinnen den Final erreichen, fällt nicht nur Linda Stämpfli ein Stein vom Herzen: „Stein kann man dem nicht mehr sagen! Jetzt ist mir alles egal!“ Das ganze Team fällt sich erneut in die Arme. Jessica Diacci ist überglücklich: „Ich bin mega, mega happy! Der ganze Wettkampf ist ein mega Erlebnis, ich freu mich so, dass wir am Samstag noch einmal turnen können!“ Auch Giulia Steingruber strahlt: „Ich bin überglücklich, am Balken war ich sehr nervös, ich zitterte vor meinem Start. Aber als der Balken vorbei war, konnte ich es nur noch geniessen!“ Der Einstand im Elite-Nationalteam ist den 16-jährigen Giulia Steingruber und Jessica Diacci mehr als geglückt. Die beiden zeigten einen perfekten Wettkampf. Auch Ariella Kaeslin stellt das Team in den Vordergrund: „Heute erlebte ich mit dem Team ein wahres Adrenalin-Bad! Ich freue mich riesig! Vor allem für Linda! Es ist schön zu zeigen, dass mit dem Schweizer Frauen turnen zu rechnen ist!“ Ariella Kaselin qualifizierte sich dank zwei guten Sprüngen in den Stand als Dritte für den Sprungfinal vom Sonntag, am Balken ist sie erste Reserveturnerin. „Am Sprung bin ich zum ersten Mal in einer Qualifikation beide Sprünge gestanden, dies gibt mir Zuversicht und Selbstvertrauen. Ich will den Titel verteidigen.“ Sie ist sich aber durchaus bewusst, dass in einem Gerätefinal grundsätzlich alle aufs Podest turnen können.
Wie nah die Enttäuschung sein kann erlebte das deutsche Team gleich doppelt. Nur knapp verpasste es den Einzug in den Teamfinal und auch Oksana Chusovitina missriet ihr zweiter Sprung. Beim Tsukahara mit 1,5 Drehungen landet sie sehr tief, korrigiert mit einem Ausfallschritt über die Linie und muss sich zusätzlich einen Abzug für den Übertritt schreiben lassen. Vorbei der Traum vom Sprungfinal.
Die Schweizer Turnerinnen sind sich einig: „Zoltan Jordanov holt immer wieder das Beste aus uns raus!“ Auch für die todunglückliche Linda Stämpfli findet er nach dem Wettkampf die richtigen Worte: „Wenn ich könnte, würde ich dir allen Schmerz, alle Enttäuschung abnehmen!“
Renate Ried, Medienchefin STV



