Neustart im Frauen-Kunstturnen

  • 1. September 2021

  • Vasilije Mustur

  • STV/Thomas Ditzler

Der Schweizerische Turnverband (STV) hat eine strategische Neuausrichtung eingeleitet und setzt diese derzeit erfolgreich um. Im Zuge dieses Neubeginns wurde im Bereich Kunstturnen Frauen aus sportlicher Sicht eine ganzheitliche Analyse vorgenommen. Nach Abschluss dieser Analyse ruft der STV das Projekt «2028/2032» ins Leben und wird diesen nachhaltigen Weg gemeinsam mit den Athletinnen und einem neuen Trainerstab beschreiten. Darüber hinaus hat die Ethikkommission des STV seinen Untersuchungsbericht zum Themenkomplex Kunstturnen Frauen vorgestellt. Der Bericht kommt zum Schluss, dass es in der untersuchten Zeitperiode von 2016 bis 2019 zu Ethikverstössen gegenüber Athletinnen gekommen ist.

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Der Schweizerische Turnverband (STV) hat sich zum Ziel gesetzt, seine Athletinnen und Athleten einerseits sportlich zu fördern und andererseits in ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Deshalb hat der STV unter der Führung von David Huser, neuer Chef Spitzensport STV, eine Gesamtbeurteilung der derzeitigen Lage im Nationalkader Kunstturnen Frauen vorgenommen.

Dieses Gesamtbild zeigt, dass sich das Kunstturn-Nationalteam der Frauen aus sportlicher Sicht in einer herausfordernden Situation befindet: Die sportliche Leistungsentwicklung des Nationalkaders stagniert seit geraumer Zeit. Hinter der Teamleaderin und Bronze-Medaillen-Gewinnerin der Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro 2016 Giulia Steingruber klafft eine grosse Lücke. Diese Lücke lässt sich in absehbarer Zeit nicht schliessen. Somit ist eine Qualifikation mit dem Frauenteam für die kommenden Olympischen Sommerspiele 2024 in Paris nicht realistisch. «Es ist unsere Aufgabe, den Athletinnen eine sportliche Perspektive zu bieten, sie zu fördern und weiterzuentwickeln. Das sind wir den Athletinnen und nicht zuletzt auch ihrem Umfeld schuldig. Dafür benötigt das Team aus unserer Sicht neue Impulse», sagt David Huser, Chef Spitzensport STV. 

Neues Trainerteam, breitere Basis, sportlicher Neuaufbau

Aus diesen Gründen hat der Zentralvorstand des STV an seiner Sitzung vom 18. August 2021 auf Antrag der Geschäftsleitung entschieden, das Arbeitsverhältnis mit dem amtierenden Trainerteam unter Cheftrainer Fabien Martin regulär per Ende November 2021 zu kündigen. Im gegenseitigen Einvernehmen wurde beschlossen, dass das aktuelle Trainerteam per sofort die Leitung des Trainings abgibt und freigestellt wird. Ad interim wird das Training des Nationalkaders Kunstturnen Frauen durch Trainerinnen und Trainer des STV im Kunstturnen geleitet und sichergestellt.

Projekt 2028/2032

Parallel zum Personalentscheid lanciert der STV das «Projekt 2028/2032». Mit dieser Kampagne strebt der Verband gemeinsam mit den Regionalen Leistungszentren (RLZ) eine kontinuierliche Leistungsentwicklung und einen sportlichen Neuaufbau im Bereich Kunstturnen Frauen an. Diese breitere Basis und der sportliche Neuaufbau soll für die Athletinnen Ansporn sein, sich im Hinblick auf die Olympischen Sommerspiele 2028 in Los Angeles und 2032 in Brisbane weiterzuentwickeln.

Wenn wir alle an einem Strang ziehen, können wir dieses Ziel gemeinsam erreichen - für das Schweizer Kunstturnen.
David Huser Chef Spitzensport STV

Auf diesem eingeschlagenen Weg motivieren, unterstützen und ermöglichen wir es den Athletinnen, sich mit kurz- und mittelfristigen Erfolgen zu entwickeln, um sie an diese wegweisende Mission heranzuführen.

Bericht der Ethikkommission: Fehlende Verantwortung

Neben den sportlichen Defiziten und dem fehlenden Vertrauen hält die interne Analyse des STV fest, dass das aktuelle Trainerteam seine Verantwortung ausserhalb der sportlichen Bereiche ungenügend wahrnimmt und dass das Vertrauen in das Trainerteam nicht in genügendem Masse vorhanden ist. Diese Beobachtungen stimmen weitgehend überein mit den Ergebnissen des Untersuchungsberichtes der Ethikkommission des STV, welchen die Kommission am 27. August 2021 der Verbandsführung des STV übergeben hat.

Bericht der Ethikkommission

Nach Medienberichten im vergangenen Jahr hatte der STV-Zentralvorstand im November 2020 diese Untersuchung im Bereich Kunstturnen Frauen in Auftrag gegeben. Der Bericht der Ethikkommission hält nun fest, dass es in der untersuchten Zeitperiode von 2016 bis 2019 zu Verstössen gegenüber der Ethik-Charta von Swiss Olympic gekommen ist und dass insbesondere die psychische und physische Gesundheit von Athletinnen zu wenig geschützt wurde. Die Ethikkommission empfiehlt dem STV unabhängig von den obigen Ausführungen zur sportlichen Neuausrichtung für den Aufbau eines gesunden und motivierenden Trainingsumfelds in Magglingen, die Zusammenarbeit mit dem aktuellen Trainerteam unter der Leitung von Nationaltrainer Fabien Martin zu beenden.

STV-Direktorin Béatrice Wertli dankt der Ethikkommission für ihre professionelle Arbeit, den Abschlussbericht und für die Empfehlungen.

Der Untersuchungsbericht hat mich tief betroffen gemacht und ich entschuldige mich im Namen des STV bei den Betroffenen für das Geschehene. Die psychische und physische Integrität der Athletinnen steht für uns an oberster Stelle. Deshalb verfolgen wir im ethischen Bereich eine Null-Toleranz-Politik.
Béatrice Wertli STV-Direktorin

Auch Fabio Corti, Präsident Zentralvorstand STV stützt dieses Votum: «Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir unseren eingeschlagenen Neuanfang konsequent umsetzen werden. Unsere Massnahmen zeigen jetzt, dass wir unseren Worten Taten folgen lassen».

Der STV wird den Untersuchungsbericht der Ethikkommission eingehend analysieren und prüfen, wie der Verband die Empfehlungen der Ethikkommission in Zukunft umsetzen wird.

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